NEUSTADT/WSTR. Die Pfalzweinwerbung hat die Traditionssorte Gewürztraminer zur „Rebsorte des Jahres“ für 2011 erklärt. Damit soll die für die Pfalz typische Spezialität mehr Beachtung finden. Dokumentieren gewöhnlich Urkunden den jahrhunderte zurückreichenden Anbau einer Sorte, so kann man im pfälzischen Rhodt einen mehr als 400 Jahre Pfälzer alten Gewürztraminer-Weinberg direkt in Augenschein nehmen. Das Deutsche Weininstitut erklärte die Anlage im Rhodter Rosengarten mit ihren knorrigen, aber immer noch fruchtbaren Reben zu einem „Höhepunkt deutscher Weinkultur“.
Foto: Gewürztraminer (Quelle: Faber und Partner)
Rosendüfte
entfalten sich nicht nur, wenn die rötlichen Trauben reifen, sondern
auch, wenn
ein Gewürztraminer ins Glas geschenkt wird. Neben dem Rosenduft werden
dem roten
Traminer Aprikosen, Litschis, Pfirsiche und Melonen zugeordnet. Wer also
ein
Feuerwerk der Aromen sucht, liegt beim goldgelben Gewürztraminer immer
richtig. Es ist wohl kein Zufall, dass Gewürztraminer stets auch ein
Frauenwein war. Schon vor 400 Jahren wurde Frauen vom übermäßigen Genuss
schweren
Traminers abgeraten. Doch die treue Fangemeinde – bei Männern wie Frauen
– hat sich davon nicht abschrecken lassen.
Vereinzelte Silvanerstöcke im
vermutlich ältesten Gewürztraminerweinberg in Rhodt verraten, dass die
Sorte
früher gerne im „gemischten Satz“, beispielsweise mit Riesling und
Silvaner, gepflanzt wurde. Das gab den Winzern eine gewisse
Ertragssicherheit,
denn der Gewürztraminer ist alles andere als ein zuverlässiger Lieferant
gleichbleibend
guter Erträge. Oftmals führt kühles Wetter zur Blütezeit zum Verrieseln
und
drastischen Ertragsausfällen. Eine besondere Anfälligkeit gegen einzelne
Rebkrankheiten kommt hinzu. Über die Jahre werden kaum mehr als 50
Hektoliter
je Hektar erreicht. Dafür liefert der kleinbeerige Gewürztraminer Weine
mit
Farbe, Aroma und Opulenz, so dass auch heute noch hochgradige
Gewürztraminerweine gerne zur Abrundung anderer Weine genutzt werden.
Das Überleben des
Gewürztraminers war immer wieder gefährdet. Vor 50 Jahren war seine
Anbaufläche
in der Pfalz auf weit unter 200 Hektar geschrumpft. Doch seit geraumer
Zeit
behauptet der Gewürztraminer seinen größeren Anteil an der Pfälzer
Rebfläche.
Wo ein Weinberg gerodet werden muss, wird die Sorte wieder
nachgepflanzt, so
dass die Statistik für die Pfalz etwa 350 Hektar ausweist. Verschiedene
Weinbaugemeinden der Mittelhaardt verdanken ihren guten Ruf auch dem
Anbau des
Gewürztraminers. Zahlreiche qualitätsorientierte Weinbaubetriebe von
Bockenheim
bis Schweigen pflegen die Rebsorte als Spezialität; sie machen damit die
Pfalz
zum größten deutschen Anbaugebiet für Gewürztraminer – und zum
erfolgreichsten
bei der Bundesweinprämierung. Bei diesem Wettbewerb werden alljährlich
auch die
besten Gewürztraminer ermittelt und beim Gewürztraminerwettstreit in
Schweigen vorgestellt.
Nicht nur dort beweist der Rebsortenwein, den man mit großem Vergnügen
auch
einfach so trinken kann, wie gut er sich als Begleiter zu
unterschiedlichsten
Speisen eignet: als Gewürztraminersekt zum Aperitif, als trockener Wein
zur
Wildpastete, zur Schneckensuppe oder zum würzig-aromatischen
Geflügelragout,
als edelsüßer Wein zum Schokoladendessert und zur Käseplatte mit
Münsterkäse
und fettreichem Blauschimmelkäse oder auch als Tresterbrand nach dem
Essen.
Der Name der Sorte ist vor
allem auf den würzigen Geschmack zurückzuführen. Darüber hinaus
beansprucht die
Südtiroler Weinbaugemeinde Tramin Heimat des Gewürztraminers zu sein.
Eine
Verwendung des Traminers als Messwein ist dort für das 15. Jahrhundert
verbürgt. Vermutlich ist der Gewürztraminer noch wesentlich älter. Er
soll der
Wildform der Rebe „Vitis sylvestris“ noch sehr nahe stehen, haben
Forscher ermittelt. Damit wäre die Pfälzer Spezialität eine der ältesten
Kulturreben der Welt.