Das ist das bedrohliche Szenario für Genussmenschen, Medien und Hersteller alkoholischer Getränke wie Wein und Bier. Bereits seit Wochen geht ein Raunen durch online-Foren, durch Genuss- und Weinblogs: Die Anlässe sind Weinzensur in Frankreich, drastische Strafen gegen Redaktionen und Erzeuger und der Vergleich Wein mit Pornografie.
Die Diskussion ist nun in Deutschland angekommen. In seinen Empfehlungen an die Drogenbeauftragte vom Juni fordert der Drogen- und Suchtrat auf längere Sicht ein Totalverbot der Alkoholwerbung sowie ein Verbot von Sponsormaßnahmen der Alkoholindustrie. Bereits vorher solle die Alkoholwerbung im Fernsehen und Kino vor 20 Uhr sowie das Sponsoring im Sportbereich untersagt werden. Mit einem "Alkoholwerbekontrollgesetz" sollen Bund und Länder Alkoholwerbung künftig "auf dem Verordnungswege" in den Medien untersagen dürfen, die über reine Produktinformationen hinausgeht.
Imagewerbung wäre damit de facto kaum noch möglich. Behältnisse für alkoholhaltige Getränke sollten nach den Vorstellungen des Drogen- und Suchtrates außerdem Warnhinweise wie in Frankreich und den USA tragen, die auf die Gefahren des Alkoholkonsums mit dem Lenken von Fahrzeugen und während der Schwangerschaft aufmerksam machen. Neben drastischen Steuererhöhungen schlagen die Verfasser, Vertreter von Ländern, Ministerien, Krankenkassen, Ärzten und Rentenversicherern, außerdem Verkaufsverbote von Alkohol an Auto-Raststätten und Tankstellen vor.
Julia Klöckner, die Verbraucher-Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorstandsmitglied des Parlamentarischen Weinforums, warnt vor Aktionismus. "Wir haben Gesetze gegen Koma-Saufen von Jugendlichen, sie müssen nur beachtet und umgesetzt werden", sagte sie den Wein- und Gourmetwelten. "Wir brauchen Aufklärungskampagnen, die in die Schulen reingehen." Sportvereine würden massive finanzielle Probleme bekommen, wenn beispielsweise die Bandenwerbung für Bier in den Stadien wegfalle.
Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) erwartet, das sich in den "kommenden vier Jahren die Szenarien aufklären werden" und warnt davor, dass durch "diese Art von Werbezensur der Wettbewerb abgebaut" werde, so ZAW-Sprecher Volker Nickel gegenüber den Wein- und Gourmetwelten.
Der ZAW erwartet weiterhin, das Werbeverbote zu "massiven Schädigungen des Wettbewerbs und zu enormen Schäden bei den Medien" führe. Sie würden bei einem Werbeverbot für alkoholhaltige Getränke gegenwärtig 557 Millionen Euro weniger einnehmen (64 Prozent TV, 27 Prozent Print und 9 Prozent Radio). Ein Sponsoringverbot führe zudem zur Erosion des Breitensports durch den Entzug von Finanzmitteln. Jährlich fließen etwa 400 Millionen Euro an Vereine und Sportveranstaltungen. Die Existenz Tausender Sportvereine ist dann gefährdet.
Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft setzt sich für eine strikte Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des geltenden Jugendschutzrechts ein und lehnt neue Regelungen, Werbeverbote oder Verschärfungen des Jugendschutzgesetzes ab.
Dem Gremium "Drogen- und Suchtrat" unter Vorsitz der Drogenbeauftragten Sabine Bätzing (SPD) gehören Vertreter von Ländern, Ministerien, Krankenkassen, Ärzten und Rentenversicherern an. Erst kürzlich forderte die Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) Anfang Juli einen "Verzicht" der Imagewerbung bei der Bewerbung alkoholhaltiger Getränke und diese durch Produktwerbung zu ersetzen. Das Votum erging einstimmig, die Konferenz sieht "weitergehende konkrete Handlungserfordernisse".
Quelle: Open PR
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