Unsere 23. Weinlese On Tour führte uns im Oktober 2009 nach Bozen-Gries zur Bozner Kellerei. Sie entstand vor rund 8 Jahren aus der Fusion zweier Bozner Kellereien.
Die Kellerei Gries (gegründet 1908) und die Kellerei St. Magdalena (gegründet 1930), schlossen sich 2001 zur jüngsten Kellerei Südtirols zusammen. Seitdem kommt die größte Menge der „Bozner Weine“ St.Magdalener und Lagrein aus eben dieser Kellerei.
Sitz der Kellerei Bozen ist heute das Areal der Kellerei Gries am Grieser Platz.
Es steht aber auch noch das Gelände der Kellerei St.Madalena in der Brennerstraße zur Verfügung. Dort wird allerdings nur noch der Magdalener eingekellert.
Die Trauben werden von 200 Mitgliedern und Weinbauern direkt von Südtirols Landeshauptstadt geliefert. Vereint sind in der Bozner Kelerei etwa 310 Hektar der besten Bozner Weinberge zwischen 200 und 700 Metern Meereshöhe. Auf den sandig-lockeren, gut durchlüfteten Böden an den warmen Hängen am Fuße des Rittens gedeiht einer der traditionsreichsten Südtiroler Weine, der St. Magdalener.
Der Lagrein, Südtirols bekanntester und charaktervollster Rotwein, ist auf den durchlässigen, leicht erwärmbaren Schuttböden von Gries und Moritzing beheimatet. Die Vielzahl der Lagen und Anbaugebiete ermöglichen ein umfangreiches Sortiment an erlesenen Qualitätsweinen.
Die 2,5 Millionen Flaschen bestehen zu 70% aus Rotwein und 30% aus Weisswein. Kellermeister Stephan Filippi schafft es auch im niederen Preissegment ausgezeichnete Weine zu produzieren.
Die Kellerei Bozen hat jüngst die Planung einer neuen Kellerei abgeschlossen und wird in wenigen Monaten mit dem Neubau in Moritzing beginnen. Die moderne Kellerei soll eine neue Ära in der Bozner Weinlandschaft einleiten.
Folgende Weine durften wir verkosten:
Weissburgunder Dellago 2008
Sauvignon Blanc Mock 2008
Gewürztraminer Kleinstein 2008
Magdalener Huck am Bach2008
Pinot Nero riserva St. Magdalena 2007
Merlot riserva Steinerhof 2007
Lagrein Gries Prestige riserva 2007
Lagrein Taber riserva 2007 (20% der Reben sind über 100 Jahre alt!!)
Lagrein Taber riserva 1999
Lagrein Gries Prestige riserva 1987
Passito Goldmuskateller Vinalia 2006
Die Weine der Bozner Kellerei waren alle durchaus überzeugend. Besonders begeistert waren wir vom Gewürztraminer Kleinstein 2008, Magdalener Huck am Bach 2008 und dem Lagrein Gries Prestige 1987!
Wolfgang Kager hat uns mitten im Erntestress eine ausführliche, sehr persönliche und überaus informative Führung absolviert. Wir haben uns wie bei einem Kleinbauern gefühlt, der jede einzelne Rebe, Traube und Lage persönlich kennt…. Dabei waren wir aber bei einem der größten Weinproduzenten Südtirols.
An dieser Stelle möchten wir Wolfgang dafür ein besonderes Lob aussprechen!
Kontaktdaten:
Kellerei Bozen
Grieser Platz 2
39100 Bozen
Tel.: 0471 27 09 09
Fax: 0471 28 91 10
ZUR GESCHICHTE DER KELLEREIEN VOR DER FUSION:
Kellereigenossenschaft Gries
Im Jahre 1908 entschlossen sich auch in der damaligen Marktgemeinde Gries bei Bozen mutige Bauern zum Schritt in die Unabhängigkeit und wagten die Gründung einer Genossenschaft zur Vinifizierung und Vermarktung von Wein. Zur gemeinschaftlichen Produktion des Weines erwarben sie das Gelände der Privatkellerei Tschurtschentaler am Grieser Hauptplatz. Zur Zeit der Gründung war Gries noch kein Stadtteil von Bozen, als Luftkurort im ganzen K&K Reich bekannt und vor allem mehr noch als heute von der Landwirtschaft geprägt. Von Anfang an war es Ziel der Genossenschaft Lagrein in seinen Vinifizierungsvarianten als Lagrein Kretzter und Lagrein Dunkel herzustellen und zu vermarkten, jedoch ein nicht unbeträchtlicher Teil der Produktion war auch dem Vernatsch und später vielen anderen Sorten gewidmet.
Größter Einschnitt in der Geschichte der Kellerei war sicher die Eingliederung Südtirols in das faschistische Italien nach dem 1. Weltkrieg, denn in den folgenden Jahren wurde eine massive Urbanisierungspolitik von der Zentralmacht vorangetrieben. In Bozen Süd, jenseits des Eisack wurde eine Industriezone aus dem Boden gestampft, Betriebe angesiedelt und massiv Arbeitskräfte aus ganz Italien angeworben. Ziel dieser Aktion war nicht die industrielle Entwicklung des Landes Südtirol, sondern die durch den Zuzug geförderte Italianisierung der bis dahin mehrheitlich deutschsprachigen Stadt Bozen. Innerhalb weniger Jahrzehnte stieg somit die Einwohnerzahl der Stadt von rund 35.000 auf knapp 100.000.
Im Jahre 1925 wurde schließlich Gries an Bozen angegliedert und um neuen Wohnraum in der Stadt zu erhalten, entstand rund um Gries ein vollkommen neues Stadtviertel. Dies brachte eine massive Enteignung von bis dahin landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, vor allem Weingärten mit sich. So schrumpfte die Fläche der wertvollen Lagrein – Weingüter im Schwemmland der Talfer erheblich.
In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg konnte sich die Kellerei Gries vor allem durch die Produktion von leichtem, hellem Lagrein Kretzer (Rosè) etablieren, für den es einen breiten Massenmarkt gab. Mit der Absatzkrise in den 70er und frühen 80er Jahren stellte auch die Kellerei Gries ihre Produktion von Qualität auf Quantität um und konnte in den Folgejahren vor allem mit der Paradesorte Lagrein punkten.
Kellereigenossenschaft St.Magdalena
1930 gründeten auch 18 Weinbauern aus St.Magdalena, St.Justina und Leitach ebenfalls eine Weinbaugenossenschaft. Die Gebäude für die Kellerei wurden von Anton Egger-Messerschaler angemietet, da man die finanziellen Mittel für den Ankauf nicht aufbringen konnte. Auch das Kellerinventar war mehr als dürftig. Die Gründung der Genossenschaft viel in eine äußerst schwierige Zeit. Weltwirtschaftskrise und die massive Unterdrückung der deutschsprachigen Südtiroler durch das faschistische Regime in Rom stellten eine äußerst ungünstige Ausgangslage für ein Unternehmen dar.
In den ersten Jahren bereits bemühte man sich neben dem Inlandsmarkt auch im Export Fuß zu fassen. Auf Grund der politischen Verhältnisse in Italien schien die neutrale Schweiz ein ideales Ziel zu sein. Tatsächlich gelang es den Genossen bis zum Ende des Jahrzehnts immer bessere Verbindungen zur Alpenrepublik zu knüpfen und somit einen Markt zu erobern, der für viele Jahrzehnte der wichtigste für die Kellerei Magdalena bleiben sollte.
Während des zweiten Weltkrieges jedoch wurde die Weinproduktion stark behindert, besonders als die Kellerei, die sich nahe des Bozner Bahnhofs befindet, von alliierten Bomben getroffen wurde. Da man nicht im Stande war, die Schäden schnell genug in den Griff zu bekommen, wurde die Produktion ausgelagert. So kam es dass in den Kriegsjahren 1944 und 1945 Kellerei St.Magdalena und Kellerei Gries zusammen auf dem Areal der Kellerei Gries ihren Wein produzierten. Die Kellerei Gries war unbeschädigt geblieben und hatte sich bereit erklärt, der Kellerei St.Magdalena in der Not solidarisch Hilfe anzubieten.
Erst in den Jahren nach dem Krieg und dem wirtschaftlichem Aufschwung, der Entwicklung Südtirols hin zum Tourismusland und dem dadurch gesteigerten Absatz war es schließlich finanziell möglich, die Gebäude in denen die Kellerei St.Magdalena untergebracht war zu erwerben.
Einschneidend war im Jahr 1971 die Eingrenzung des Magdalenergebietes im Laufe der DOC Regelung. Die Preise für Magdalener stiegen sofort an, allerdings war nicht jeder Bauer mit der entgültigen Einteilung zufrieden.
Ende der 70er Jahre kam allerdings die Krise im Südtiroler Weinbau, die Absatzmärkte brachen zusammen, dennoch gelang es der Kellerei Magdalena sich zu behaupten. Konsequente Qualitätspolitik war die Lösung.
Fotos (Fotos: Walter Wiedenhofer)