0877_elda_und_heinrich_mayrDas neben der Kampillerbrücke am Bozner Boden, direkt am Eisackufer gelegene, individuell und gartenbautechnisch interessante und sehr gepflegte Areal, ist neben seiner Funktion als Weingut seit den 1990er Jahren ein beliebtes Ambiente für Musik und Allgemeinkunst. In den letzten Wochen hat es eine Reihe von – auch internationalen – Auszeichnungen für den Nusserhof und dessen Weine gegeben.

Der Nusserhof, idyllische Oase am Stadtrand
– So mancher Künstler, Philosoph, Individualist und Musikfreund gibt sich hier in unregelmäßigen Regelmäßigkeiten auf Einladung der Hausleute Elda und Heinrich Mayr ein Stelldichein.


Dann öffnen sie ihren Nusserhof für ganz besondere Lesungen und
Konzerte. Die schöne Parkanlage mit grazilen Tischen und Stuhlgruppen,
in der weit über 100 wilde Pflanzenarten wachsen, das im Pavillonstil
angelegte Gartenhäuschen, die unmittelbare Lage so ganz neben den Reben
und nicht zuletzt das historische Kellergewölbe und der schlicht
gehaltene Verkostungsraum, geben Zeugnis vom Stilbewußtsein und der
Freude an den schönen Dingen, welche die Besitzer in sich tragen und
hier in ihrem wunderbaren Heim zum Ausdruck bringen, leben und auch für
andere erlebbar machen. Das extravagante Musikzimmer der Künstlerin und
Hausherrin (Elda Mayr selbst ist – wie übrigens auch Ehemann Heinrich
und die gemeinsame Tochter Gloria – als passionierte Musikerin
bekannt), eignet sich ideal für Konzertveranstaltungen an lauen
Sommerabenden.

Als Mitglied der Vereinigung der Freien Weinbauern Südtirol gilt auch hier in der Weinproduktion der Grundtenor „Von der Rebe auf die Flasche“. Die Weine vom Nusserhof sind in Südtirol eher unbekannt, genießen aber im Ausland Popularität und Ansehen, was bestimmt u.a. auch auf die erstmalige Vergabe von 94 Robert Parker Punkten für einen Südtiroler Wein (den Lagrein Riserva DOC 2005) vor bereits einigen Jahren zurückzuführen ist. Den
Nusserhof findet der individuelle Feinschmecker und Weinbeißer eher auf
Umwegen, denn eine Homepage gibt es nicht, kommuniziert wird
ausschließlich über das Telefon oder eben im Vis a Vis, im direkten Gespräch, in der Begegnung. So kann es schon gut vorkommen, dass sich ein internationaler Fachjournalist oft fast schon nur wie zufällig hierher „verirrt“ und sobald er das Tor durchschritten und im Schatten alter Bäume sitzt, ein Glas gepflegten Nusserhof Wein trinkt, das Leben und den Alltag draußen gern und schnell vergisst.

0415_garten-_u_hofambienteAntonio Galloni, der Chefverkoster für Robert Parker’s „The Wine Advocate“,
besuchte kürzlich den Nusserhof, wollte sich persönlich ein Bild von
Weingut und Besitzer machen und war sichtlich beeindruckt von der
Verkostung aktueller und einiger historischer Jahrgänge, aber
außerordentlich angetan hatten es ihm die im Fass heranreifenden Weine. Verkauft wird über ausgewählte Händler und ab Hof. Im Verkaufsraum hängen neben historischem Bildmaterial auch die Auszeichnungen, auf die Heinrich und Elda Mayr stolz sein dürfen: so etwa das Diplom „Best of Bio“ Wine Award 2012 der Biohotels für ihren rubinroten Tyroldego Jahrgang 2009, einem 100% Teroldego. Außerdem die Präsenz in Italiens neuestem Slow Wine Führer, der besonders regionaltypische Weine und eigenwillige Winzer hervorhebt, wo der Nusserhof schon seit Jahren mit der „Chiocciola“ und dem „Vino Slow“ punktet.

Der „Nusserhof“ geht als historischer Erbhof und Bozner Weinhof in die Annalen ein und scheint seit 1788 als Familienbesitz auf. Es ist dies der Heimathof des Glaubenszeugen
und Hitler-Eid-Verweigerers Josef-Mayr-Nusser und wurde wohl auch
deshalb von den baulichen Veränderungen der Bozner Stadterweiterung
verschont.

 

Obstgarten der Bozner

In früheren Zeiten galt das Gebiet Bozner Boden und somit auch der
Nusserhof als „der Obstgarten der Bozner“, wo an Sonn- und Feiertagen
gerne mit der Kutsche angefahren oder auch zu Fuß, dem Eisack entlang
mit Schirm und Hut flaniert wurde… Hier fand das Bozner Bürgertum in der Freizeit gern Erholung, genoss beim Spaziergang die gute Luft und die schöne, sonnige Lage. Auch wenn über Hagel, Wetter und Reife nur der Wettergott waltet, diese nahezu idealen klimatischen Bedingungen spiegeln sich in der alljährlich erneut biologisch zertifizierten Traubenqualität wider. Von jeher war und ist es das Ziel der Familie Mayr, immer das Beste aus den vorhandenen Böden herauszuholen und zwar ohne hierfür irgendwelche Zusatzmittel einzusetzen. Dabei wurde das Augenmerk vom unkonventionellen Weinmacher Heinrich Mayr schon immer auf autochthone Sorten gelegt, denn wie er überzeugt sagt: „Mein Ziel ist es, das Bestmögliche aus der Traube, so wie sie wächst und im Laufe des Jahres gedeiht, zu machen.“ Lange bevor hierzulande von „biologisch und sanftem Weinbau im Kreislauf der Natur“ gefachsimpelt wurde, begann er seine kompromisslose Weinproduktionsweise und so denkt, handelt und produziert der Nusser Heinrich Mayr heute wie damals. Seit über 30 Jahren verzichtet man am Nusserhof auf jegliche Düngung und viele der alten Rebbestände haben mehr als ein halbes Jahrhundert am Buckel.

Idyllisch im Herzen Bozens und direkt am Eisackufer gelegen, gedeihen hier auf  rund 2,5 ha Rebfläche mit warmen, luftigen Alluvialböden alte Bozner Rebsorten: 95% der Weinanbaufläche ist Lagreinanteil und die urtypische, äußerst rare Bozner Rebsorte Blatterle, der Rest ist Teroldego.

 

img_0068_kellerstiegeEin recht eigenwilliger Winzer

Heinrich Mayr, in seiner Art auf Anhieb bescheiden wie seine Betriebsgröße, ist zweifelsohne ein untypischer Südtiroler Weinbauer, ein bisschen außerhalb der Norm, „un fuori serie“, wie die Italiener gern sagen und ganz ähnlich wie seine Weine, ein Idealist für Leute, die das Besondere, Eigene suchen.

Die Sorten- und Lagentypizität seiner Weine zeichnen sich in ihrer Extravaganz aus.

Im Jahr 1994
stieg er auf die biologische Bewirtschaftung um, eine überlegte
Bodenpflege, die Förderung der Biodiversität im Weingut, eine zunehmend
minimalistische Kellertechnik, all das waren seine überlegten Schritte
zu immer authentischeren Weinen. Mit schonendem Ausbau im Stahlfass und der Reifung im großen Holzfass entstehen hier am Nusserhof Lagrein Riserva, Lagrein Kretzer, Weiss "Blaterle", Rot "Tyroldego" und der Rot "Elda", eine Hommage an die Ehefrau des Winzers.

Frei nach dem Motto „weniger ist mehr“, sind die Flaschenetiketten grazil, schlicht und zeitlos mit dem unübersehbaren Hang und der Liebe zum einfachen Detail gestaltet. Viele interessante Berichte über den Querdenker Heinrich Mayr und auch über die Frau im Haus wurden geschrieben, sind in internationalen Zeitschriften wie Slowfood oder gar in The New York Times erschienen… Wenn das Ziel am Nusserhof auch nicht vorrangig die Auszeichnungen sind, welche dem Winzer selbstredend gut tun und den Marktwert seiner Weine beeinflussen, sollten einige der unlängst nominierten auch internationalen Bewertungen genannt werden: Neben der zum bereits 3. Mal von der Vereinigung Slow Wine verliehenen „Chiocciola“ für den Betrieb, wurde der Nusserhof DOC Lagrein Riserva 2007 gleich nach der heuer erstmaligen Teilnahme kürzlich von der Guida Vini d’Italia delL’Espresso als „Vino dell’ Eccellenza“ ausgezeichnet. Besonders freuen sich Elda und Heinrich Mayr heuer über die Bewertungen des elitären, weltweit anerkannten Weinkritikers Robert Parker: Für den Nusserhof Rot Elda 2009 (eine „Vernatsch-Riserva“) erhielten sie 92 Punkte und für den Nusserhof Rot Tyroldego 2009 gar 94 Punkte.

0613_gartenlandschaftAuf zahlreichen Weinreisen, meist gemeinsam mit seiner Frau Elda, lernte Heinrich Mayr die internationale Weinszene kennen: Trotzdem weigert er sich, den sogenannten „internationalen Weinstil“ nachzuahmen. Eigenwillig und seiner Linie beim Weinmachen treu bleibt Heinrich Mayr auch weiterhin und so wird z.B. der Lagrein nicht in Barrique ausgebaut. Der älteren Generationen noch als Most oder junger, billiger Tischwein gut bekannte, leicht aromatische „Blaterle“ als vergessener Urweisswein, hat sich als eleganter und trinkiger Wein mit verhältnismäßig wenig Alkoholgehalt (12%) bewährt und genießt in seiner neu entdeckten Beliebtheit eine Art Revival. Der Winzer ist froh, dass seine Weine nicht jedem schmecken, da er absolute Nischenprodukte – tatsächlich Weine nur für Liebhaber – macht. Es sind keine kreierten Modeweine, die einem saisonalen Trend unterliegen, sondern am Nusserhof entstehen Weine, die genau und einzig das verkörpern, was die Natur in kleiner Auflage hergibt. Während große Kellereien sich innerhalb einer Bandbreite bewegen müssen,
um am Markt bestehen zu können, leisten es sich die Mayer’schen am
Nusserhof, Idealisten zu sein und ausschließlich das an Weinen
abzufüllen, was die Natur hergibt, hinter dem sie stehen und wofür sie einstehen.

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Beatrix Unterhofer/Sept. 2012

 

Die aktuellen Auszeichnungen der Nusserhof Weine im Überblick:

– „Best of Bio“ Wine Award 2012 der Biohotels für den Nusserhof Rot Tyroldego 2009

 

– “Chiocciola” für den Betrieb (zum bereits 3. Mal) auch heuer wieder bei Slow Wine

 

– „Vino dell’ Eccellenza“/Guida Vini d’Italia delL’Espresso für den Nusserhof DOC Lagrein Riserva 2007

 

– Robert Parker: 92 Punkte für den Nusserhof Rot Elda 2009 (eine „Vernatsch-Riserva“) und 94 (!!) Punkte für den Nusserhof Rot Tyroldego 2009

Fotoquelle: byou.it/Privatarchiv