eos03166frblDer goldene Spätsommer hat es gerichtet. Viele Weinbauern blickten im Weinjahr 2011 auch mal bedenklich auf ihre Weinberge. Doch im Herbst lasen sie durchwegs reife und gesunde Trauben. Ihr Resümee: «Ernte gut – alles gut».
 

Die Weinlese 2011 begann zwei Wochen früher, dauerte deutlich länger als zunächst erwartet und war – abgesehen von wenigen Ausnahmen – begleitet von wahrem Bilderbuchwetter. Das Ergebnis kann sich sehen und vor allem schmecken lassen. Was die Winzer bei der Weinlese 2011 geerntet und die Erzeugerbetriebe in ihren Kellern eingelagert haben, weckt Hoffnungen auf einen tollen Jahrgang 2011, wie eine Umfrage in den verschiedenen Weinbauregionen Südtirols ergab. Die Trauben wiesen durchaus eine hohe Zuckergradation auf. Die Säure ging zwar im Vergleich zum letzten Jahr etwas zurück, nichts desto Trotz, stimmt die Verbindung. Die Weißweine zeigen knackige Frische und auch beim Rotwein lassen vor allem Lagrein und Blauburgunder Freude aufkommen.

Das Traubenwetter 2011

Dieser 
Frühling war mit Abstand der sonnenreichste der vergangenen Jahre.
Im Bozner Raum schien die Sonne ganze 788 Stunden und mit einer durchschnittlichen
Temperatur von  15,1 °C zählte das Frühjahr zu einem der wärmsten
seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen vor über 90 Jahren.
Einer ausgedehnten Trockenheit folgte im Juni dann der große Regen.
Die Temperaturenbilanz selbst blieb trotzdem ausgeglichen. Im Juli 
fielen die Temperaturen dann in ganz Südtirol unter den Durchschnittswert
der vergangenen Jahre. Als überdurchschnittlich heißer Monat ging
der August in die Wettergeschichte ein und besserte die Temperaturbilanz
des Sommers kräftig auf. Diesem Beispiel folgte der September und zeigte
sich von seiner schönsten Seite. 
 

Dem kann
Urban von Klebelsberg
von der Klosterkellerei Neustift nur beipflichten:
„Ein sehr warmer August und ein wunderbarer September, der eine frühe
Reife der Trauben zur Folge hatte und somit die Ernte einige Wochen
nach vorne schob.“ Zur Bewährungsprobe wurde die Tatsache, dass einige
der  Rebsorten mehr oder weniger zur selben Zeit geerntet werden
mussten, was im Keller dazu führte, dass die Kapazitäten an Platz
und Maschinen an ihre Grenzen stießen. „Das Traubenmaterial überraschte
positiv, mit etwas weniger Säure als im letzten Jahr, aber mit durchwegs
20° KMW“, so von Klebelsberg. Mengenmäßig wurde mehr geerntet,
sodass nicht nur die Verluste des letzten Jahres durch das freundlichere
Wetter weggemacht wurden. Es kamen auch neu angelegte Flächen dazu,
die heuer erst richtig in Ertrag gingen. Freudig sieht man auch dem
Grünen Veltliner entgegen, welcher einiges an Qualität erwarten lässt.
Vor allem gibt es nun auch genügend Ertrag, um die Liebhaber dieser
Rebsorte zufrieden zu stellen. Schlussendlich aber muss man sich noch
gedulden: Die Erfahrung und die Anstrengung, welche nun auf den Keller
übergehen, lassen aber Gutes ahnen. 

Früh aufstehen
hieß es hingegen in Terlan. „Dank der überaus warmen Temperaturen,
war man schon in den frühen Morgenstunden bei der Arbeit, um die Trauben
so kühl wie möglich in die Kellerei zu bringen“, so Rudi Kofler,
Kellermeister der Kellerei Terlan. Damit verhinderte man einen zu schnellen
Säureabbau. „Obwohl die Säurewerte etwas niederer waren als im letzten
Jahr, liegen wir immer noch in einem Bereich, der guten Wein erwarten
lässt. Die Erntemenge liegt dabei im Durchschnitt, natürlich mehr
als im letzten Jahr, aber 5 % weniger als man gerne hätte.“ 
Dass die Weißweintrauben besonderes Potential aufweisen  zeigt
sich schon bei Chardonnay und Gewürztraminer. Der zukünftige Rotwein
wird bereits vinifiziert und da das Material sehr gut ausgereift in
den Keller kam, besitzen die Weine eine makellose und dunkle Farbe,
was zusammen mit einem ausgeglichen Gerbstoffgehalt  und toller
Struktur nur Gutes bedeuten kann. Besonders der Lagrein wird heuer interessant
und das nicht nur in Topqualität.  

Da kann man
im Unterland locker mithalten. Christof Tiefenbrunner, vom gleichnamigen
Weingut zeigt sich ausnehmend zufrieden, da der Hagelschlag Ende August
den Trauben kaum Schäden zufügte. Die Beeren waren zu diesem Zeitpunkt
schon weich genug und der Hagel selbst, hatte nicht jene Kraft, die
er im Überetsch entwickelte. Mit dem Ertrag zeigt man sich im Großen
und Ganzen zufrieden, einzig der Blauburgunder geizte mit seinen Früchten.
In Anbetracht der schwierigen Rebsorte scheint dies aber nicht ungewöhnlich.
Die ansonsten optimalen Bedingungen brachten eine tolle Substanz für
Weißweine zum Vorschein, die eine optimale Reife und eine hohe Gradation
zeigten. „Als spannend erweist sich die Tatsache, dass die biologisch
angebauten Weine ein besseres  Säure/pH Verhältnis aufzeigen,
als dies bei den konventionell angebauten Weinen der Fall ist.“ Eine
besondere Kraftreserve dürften im Weißweinbereich die Sorten Sauvignon,
Gewürztraminer und Weißburgunder entwickeln. Beim Rotwein hingegen,
stechen Blauburgunder und besonders der Lagrein hervor.  

Das sind natürlich
gute Voraussetzungen für den Vinschgau wo der Gesundheitszustand des
Traubenmaterials  zum Zeitpunkt der Ernte im Allgemeinen gut bis
sehr gut war, da es keine nennenswerten Schäden durch Hagel zu registrieren
gab.  Nur beim Blauburgunder setzte durch die anhaltend trockene
Witterung Anfangs September eine sortentypische, aber unerwünschte Schrumpfung
der Beeren ein, die eine lagenweise schnelle Ernte dieser Sorte erforderte.
Die hohen Tagestemperaturen ließen die Zuckerkonzentrationen in den
Beeren zügig ansteigen und die warmen Nächte die Säuregehalte kontinuierlich
abfallen, was eine aufmerksame Verfolgung des weiteren Reifeverlaufes
erforderte, um den Gebietscharakter mit seinen mineralischen Weinen
auch 2011 zu erhalten. So waren bis in den ersten Oktobertagen die Trauben
eingebracht. Die Weine – sofern sie ihr Gesicht schon zeigen – sind
im Fall der Weißweine von ausdrucksvoller Frucht und allgemein ausgeglichener
als 2010 geprägt, so Martin Aurich vom Weingut Unterortl.  

Und wenn man
schon vom Hagel spricht … Hans Terzer, Kellerei St. Michael-Eppan:
„Nach drei Hagelschlägen sind wir im Großen und Ganzen zufrieden
und trotz eines Ausfalls von 40%, mit einem blauen Auge davongekommen.
Dies ist vor allem der Disziplin der Weinbauern zu verdanken, welche
sich unermüdlich im Weinberg zu schaffen machten, um angeschlagene
Beeren zu entfernen. Somit konnte man ein Übergreifen der Fäulnis
auf die gesunden Beeren verhindern.“ Der letzte Hagel am 27. August
nötigte die Bauern eine Woche früher mit der Ernte zu beginnen, als
dies unter normalen Bedingungen der Fall gewesen wäre. Sehr gute Weine
gibt es heuer vor allem jenen Gebieten, welche nicht oder kaum vom Hagel
Schaden genommen haben. Hierzu zählen: Missian, St. Pauls, Eppan Berg,
letzteres ist vor allem für seine hervorragenden Weißburgunder bekannt.
Schwieriger zeigt sich die Situation beim Vernatsch. Die Kirschessigfliege
zwang die Bauern früher in den Weinberg, um zumindest einen Teil der
Ernte zu retten. Vernatsch wird es natürlich geben, er könnte sich
aber rar machen.